Taketori monogatari 竹取物語
älteste (mündliche) Überlieferung eines monogatari
ca. 900 monogatari, tsukuri monogatari „Die Geschichte vom Bambussammler”- Verfasser unbekannt, war wahrscheinlich ein Gelehrter und Aristokrat mittleren Ranges, der in kritischer Distanz zu den damaligen Machthabern stand
- Mündlich tradierte Volksüberlieferung, wurde schriftlich festgehalten
- Frühestes Werk der monogatari-Literatur
- Bildet den Stamm der japanischen „Volksmärchen“
- In Form von Filmen, Anime, Manga, Kinder-Märchen-Versionen (mukashibanashi) und Musikstücken umgesetzt
- Es gibt unzählige Übersetzungen in viele Sprachen
- Gekürzte Version im Konjaku monogatari enthalten
Inhalt
Prinzessin Kaguya vom Mond, wird als winziges Findelkind von einem Bambussammler gefunden und wächst zu einer im wahrsten Sinne des Wortes strahlend schönen Frau heran.
Ihre Schönheit lockt fünf junge Adlige an, die um ihre Hand anhalten, sie stellt diese aber vor unlösbare Aufgaben.
Auch dem Kaiser kommt ihre Schönheit zu Ohren, und es gelingt ihm, einen Blick auf sie zu erhaschen. Sie widersetzt sich jedoch seinem Werben unter Berufung auf ihre Herkunft, obgleich sie eine gewisse Sympathie für ihn empfindet.
Nach drei Jahren schließlich, die Kaguyahime als Strafe für ein Vergehen in armseligen und niederen Verhältnissen verbringen sollte, weshalb sie auf die Erde verbannt wurde, wird sie nach einem rührenden Abschied von ihren irdischen Eltern von Himmelsscharen aus der Hauptstadt des Mondes nach Hause geführt. Die Versuche des Kaisers, dies mit Hilfe von Soldaten zu verhindern, scheitern. Kaguyahime legt ihr Gewand an, wodurch sich mit einem Schlag alle irdischen Bindungen und Empfindungen verflüchtigen, und sie entschwindet.
Sie gibt dem Kaiser den Trank der Unsterblichkeit Der trauernde Kaiser muss ihr nun endgültig entsagen: Ein kaiserlicher Bote entzündet den von ihr zurückgelassenen Trank der Unsterblichkeit und ihren Brief als Zeichen seines Verzichts auf dem Berg Fuji, da er dann keine Gefühle mehr hätte (Schmerz gehört zum Leben).
Unsterblicher Rauch steigt vom Fuji auf. (Der Fuji rauchte um 905 -> macht Datierung möglich)
Stoff
- Es gibt keinen Vorgänger in Japan
- Starke chinesische Einflüsse: im 8. und 9. Jh. nach Japan eingeführte chinesische Erzählungen wie Märchen, Legenden (densetsu) und Kurzgeschichten (setsuwa) lieferten die Vorlage für dieses Märchen
- Buddhistische und taoistische Weltanschauung
Motive
- Armut und Reichtum (vor ihrer Entdeckung war das Ehepaar arm -> danach reich; Reichtum -> Metapher für Glück)
- Das Werben vieler Freier um die Prinzessin und das Stellen von schwierigen Aufgaben
- Unerfüllte Liebe
- Unvergleichliche Schönheit
- Lächerlichmachung und Respektlosigkeit (Gesellschaftskritik anhand Satire)
Topoi
- Mond (sauber, rein, Symbol der Zeit und einer Entwicklung, Mond als Auslöser für aware)
- Bambus (Symbol für Reinheit, Kaguyas Reinigung auf der Erde durch Wiedergeburt im Bambus)
- aware (emotionales Bewusstsein, Kaguya zeigt es erst am Ende -> positive Charakterentwicklung)
- Tränen (Sehnsucht)
Thema
- Gegenüberstellung der menschlichen Welt, eine Welt des Pathos und der Sterblichkeit mit der ewigen gefühllosen Welt des Jenseits.
Ist ein unsterbliches Leben die Aufgabe von Gefühlen wert?
Geistiger Inhalt
- Buddhismus (Transzendenz, Jenseitsvorstellungen, Unsterblichkeit)
- Konfuzianismus (die fünf Grundtugenden, oyabun-kobun)
- Taoismus
Äußere Gestalt
- tsukuri monogatari – eindeutig Erzählprosa und viele fantastische Elemente (Mondwesen, wundersames Findelkind, Magie etc.)
- Eher auktorialer Erzähler
- Außenperspektive (Erzähler ist keine Figur der Handlung)
- Zeitraffend, die Geschichte erstreckt sich über mehrere Jahre
- Chronologischer Aufbau
- Bericht und szenische Darstellung
- Direkte Personenrede
- Kommunikation über waka
Sprache und Stil
- Hiragana mit wenigen Kanji
- Schlichter Stil, eher kurze Sätze
- Feststehende Einleitungs- und Schlussformel von Märchen: ima wa mukashi / to zo iitsutaetaru
- Enthält Kurzgedichte